Der Autosalon in Genf wurde im 2020 aus den uns bekannten Gründen abgesagt. Ob dieser Entscheid richtig, vernünftig oder eine Fehlentscheidung war, interessiert uns hier nicht. Vielmehr wollen wir eine kurze Rückblende wagen und grob rekapitulieren, welche Fahrzeuge vor 50 Jahren am 40. Genfer Autosalon im März 1970 dem Publikum präsentiert wurden.
Insgesamt 72 Personenwagenmarken aus 11 Ländern stellten ihre Produkte in Genf aus. Am stärksten vertreten war einmal mehr Grossbritannien mit 20 Marken, gefolgt von den USA mit 14 Marken, Italien mit 10 Marken, Deutschland (BRD) mit neun Marken, Frankreich mit sechs Marken, Japan mit vier Marken, Schweden und die Schweiz mit zwei, respektive drei Marken sowie die Niederlande, die Tschechoslowakei und Russland mit je einer Marke.
Frisch am Genfer Salon waren Lola, LMX, VW-Porsche, Alpine, Ranger und Swiss Buggy. Der bedeutendste Abgang war sicherlich Austin-Healey.
Sportliche Neuheiten
Die Höhepunkte des 1970er Salons waren fast ausschliesslich sportlicher Natur, denn die Weltpremieren fanden vor allem auf den Ständen von Herstellern schneller Autos statt.
Vermutlich am meisten Beachtung fand dabei der Citroën SM, das erste Kind der neu geschlossenen Ehe von Citroën und Maserati. Das elegante Coupé, das Technikelemente beider Hersteller in einem futuristischen Karosseriekleid kombinierte wurden breit bewundert und diskutiert, dürfte auch den höchsten Anteil bei den geschossenen Fotos gehabt haben.
Ebenfalls viel Beachtung fand der neue Alfa Romeo Montreal. Zwar kannte man das Grunddesign schon von früheren Autosalons, mit dem nun endgültig eingebauten V8-Motor feierte der Montreal in Genf aber seine Premiere.
Peter Monteverdi liess es sich natürlich ebenfalls nicht nehmen, eine Neuheit vorzustellen. Mit dem Monteverdi Hai 450 SS stellte er ein zweisitziges Coupé mit Mittelmotor und überragenden Fahrleistungen vor. Dass davon schliesslich insgesamt nur vier Exemplare entstanden, hatte sicher nichts mit dem aufregenden Karosseriekleid oder der technischen Grundkonzeption zu tun.
Auch Ferruccio Lamborghini konnte einen neuen Sportwagen nach seinem Gusto präsentieren, nämlich den Jarama 400 GT, der auf der Technik und Konzeption des Espada aufbaute, aber durch seine Kürze (2+2) und das frische Design neue Kunden ansprach.
Optimierungen bei den Kleinwagen
Bei den kleinen Autos zeigte es sich auch in Genf, dass in dieser Klasse Preis und Platzverhältnisse höher gewichtet wurden als die Motorleistung. So florierte der schon
Jahrzehnte auf dem Markt befindliche Citroën 2 CV nachwievor, zumal er nun sogar ein Komfort-Upgrade erhalten hatte. Fiat verkaufte das Modell 500 gut und legte mit dem Autobianchi A112 sogar ein weiteres Modell mit der vom Fiat 128 bekannten Bauweise vor.
Aus Grossbritannien kam ein verlängerter Mini namens Clubman, während Volkswagen den Käfer weiter verfeinerte und gleichzeitig günstig hielt.
Ober- und Luxusklasse
Tendenziell mehr Leistung, aber kaum zunehmende technische Raffinesse wurde in der Kategorie der Ober- und Luxusklasse geboten. Während vor allem die Amerikaner mit immer höheren PS-Zahlen aufwarten konnten, beschränkten sich die Europäer in diesem Segment vor allem auf die Pflege von Details, stilistischen Verfeinerungen und die Verbesserung von Komfortelementen. So nahm etwa der Anteil von Automatikgetrieben zu. Der NSU Ro80 blieb die einzige Oberklassenlimousine mit Wankelmotor, die Citroën grenzten sich mit ihrer Hydropneumatik von der Konkurrenz ab.
Untergang des Cabriolets?
Das echte Cabriolet schien am Untergehen zu sein, zumindest musste man nach einem Gang durch die Stände zu dieser Schlussfolgerung kommen. Nur noch knapp über ein Dutzend offene Fahrzeuge wurden in Genf gezeigt, darunter der herrliche Maserati Ghibli Spyder, der Rolls-Royce Silver Shadow Drophead Coupé oder der unverwüstliche Alfa Romeo Spider.
Der Fiat Dino hatte als Cabriolet einen neuen 2,4-Liter-Motor und Chromstreifen auf dem Kühlergrill, sowie eine Einzelradaufhängung hinten erhalten, der Morgan beschleunigte nun als Plus 8 mit 3,5-Liter-Buick-Motor noch vehementer.
Spezialkarosserien mit Blick in die Zukunft
Einiges zu bieten hatten am 40. Autosalon die Karosserie- und Prototypenbauer, ein Gewerbe, das inzwischen fast komplett in italienischer Hand zu sein schien. In Genf machten Bertone, Fissore, Frua, Ghia, Michelotti, Moretti, Pininfarina und Zagato ihre Aufwartung, während Lombardi, Siata, Vignale und auch der traditionell am Salon vertretene Graber nicht mehr ausstellten. Als neuer Schweizer Karosseriebauer zeigte sich aber Rejna.
Bewegliches Preisniveau
Seit den Fünfzigerjahren waren Automobile, vor allem in der Schweiz, im Preis kaum gestiegen, im Gegenteil. Doch anfangs der Siebzigerjahre schien sich ein Wandel abzuzeichnen. Obschon Zollbarrieren aufgehoben wurden, erhöhten viele Anbieter die Preise. Die Gründe dafür waren gestiegene Arbeitskosten, begründet unter anderem durch Streiks und steigenden Einfluss der Gewerkschaften, höhere Materialaufwendungen und sicherlich auch komplexere Produkte.
Der 40. Automobilsalon von Genf jedenfalls ging in gelöster Stimmung zu Ende und von der drohenden Energiekrise ahnte zu jenem Zeitpunkt noch niemand etwas.
Quellenangabe: https://www.zwischengas.com/de/FT/diverses/Genfer-Autosalon-1970.html