Der Shelby Cobra war bereits ab 1963 mit seinem hervorragenden Leistungsgewicht und dem 4,7-Liter-Motor ein außergewöhnliches Fahrzeug. Doch als 1964 die Siebenliter-Version präsentiert wurde, fragten sich viele, wie man in einem so leichtgewichtigen Auto mit so viel Leistung und Drehmoment zurechtkommen konnte. Besonders beeindruckend war das Fahrverhalten der Ur-Cobra, welche alles andere als einfach zu handhaben war.
Doch dann wurde die Cobra 289 entwickelt – ein Auto, welche erfahrenen Piloten ermöglichte, im Rennsport um Gesamtsiege zu kämpfen. Mit einem V8-Motor von Ford als Antrieb und dem technischen Know-how des Shelby-Rennstalls erhielt die Cobra 289 nicht nur positive Bewertungen, sondern auch Kritik für ihr enges Cockpit und heikles Fahrverhalten.
Um die Schwächen zu beseitigen und das Potenzial des Autos voll auszuschöpfen, arbeiteten Ford-Ingenieure eng mit dem Shelby-Team zusammen. Auch bei AC Cars wurden Änderungen vorgenommen – ein stärkerer Rohrrahmen mit grösseren Rohren und eine verbesserte Aufhängung wurden installiert.
Die Hinterachse erhielt Trapez-Dreieckquerlenker, Schraubenfedern und Teleskopdämpfer – eine der wichtigsten Änderungen am Auto. Die Bremsleistung wurde durch fast schallplattengroße Scheiben an den Rädern verbessert. Das einzige Element, das unverändert blieb, war das Differential im Heck.
Diese Veränderungen machten aus der Cobra 289 eine Maschine, die noch schneller und leistungsfähiger war als zuvor. Mit ihrer Kombination aus Power und Handhabbarkeit war sie für den Rennsport bestens geeignet – und ihr Ruf als legendäres Auto ist bis heute unübertroffen.
Der Motor des Fahrzeugs hatte eine Leistung von 425 bis 485 PS und basierte auf dem V8-Motor, der auch im Ford Galaxie verwendet wurde. Bei einer Drehzahl von 6000 Umdrehungen pro Minute leistete die Straßenversion des Motors 425 PS, während die Rennversion („Competition“) bei 6500 Umdrehungen pro Minute beeindruckende 485 PS erreichte. Obwohl in der Rennversion anstelle von zwei Fallstrom-Vierfachvergasern ein einzelner (riesiger) Holley für den Kraftstoff sorgte.
Die Rennversion war zusätzlich mit einem Aluminium-Zylinderkopf und anderen Gewichtsreduzierungen ausgestattet, wodurch das Leergewicht auf nur noch 1066 kg sank, während das Straßenmodell leer immerhin noch 1111 kg wog. Im Testbetrieb erhöhte sich das Gewicht jedoch auf insgesamt 1311 kg.
Vielleicht kann man sagen, dass es sich hierbei um einen der ersten Hyper-Sportwagen handelte. Die Cobra427 beschleunigte wie kaum ein anderes Straßenfahrzeug zuvor. Für den Sprint von null auf sechzig Meilen pro Stunde benötigten die Tester von Car and Driver lediglich 4,3 Sekunden. Doch besonders eindrucksvoll waren die Ergebnisse beim Beschleunigung-und Bremsentest: Von null bis hundert Meilen pro Stunde und wieder zurück zu null dauerte es nur 14,5 Sekunden. Werksfahrer Ken Miles schaffte diese Disziplin sogar in 13,8 Sekunden. Man war davon überzeugt, dass mit besseren Reifen eine Zeit von 12 Sekunden möglich gewesen wäre.
Es sollten noch mindestens 15 Jahre vergehen, bis ein Sportwagen auf den Markt kam, der so sprintstark war und für jeden erschwinglich wurde. Die Höchstgeschwindigkeit von etwa 265 km/h (abhängig von der Übersetzung) war dabei fast nebensächlich. Die breitere Cobra427 erwies sich jedoch nicht als unfahrbares Biest. Im Gegenteil! Damalige Testfahrer lobten ihre besseren Alltagseigenschaften: Sie konnte auch langsam gefahren werden, überhitzte kaum dank eines zusätzlichen Ventilators am größeren Kühler und bot mehr Platz als ihr Vorgänger. Die damaligen Tester waren nur vom provisorischen Dach enttäuscht, das immer noch mit Steckscheiben funktionierte und wie ein Zelt manuell aufgestellt werden musste. Das Vierganggetriebe und die moderaten Bedienungskräfte hingegen überzeugten uneingeschränkt. In den USA fiel der Kraftstoffverbrauch von 19 bis 26 Litern Benzin pro100km nicht negativ ins Gewicht. Nur der Preis von 7495 USD (9500 USD für die Rennversion) schreckte ab. Trotzdem empfahl das Magazin „Car and Driver“: „Der neue Cobra ist Realität- zwischen Ihnen und dem Besitz des schnellsten Strassensportwagens stehen lediglich rund 7500 US-Dollar in bar sowie der unersättliche Wunsch danach. Wenn Sie das Geld zusammenkratzen können, dann wagen Sie diesen Sprung zu machen. Wie man sagt: Dieses Ding wird Sie nie verletzen. Oder zumindest sollte es das nicht tun.“
Es scheint, dass nur 56 der geplanten 200 Autos tatsächlich gebaut wurden. Der Autor von Car and Driver hat die meisten dieser Fahrzeuge im Spätsommer 1965 in der Shelby-Fabrik gesehen. Die Autos waren zu teuer und verkauften sich nicht gut als Rennwagen, da sie die Homologation für das Jahr 1965 verpasst hatten. Daher wurden 31 Wettbewerbsmodelle zu Straßenmodellen umgebaut und als „Semi Competition“ verkauft.
Sowohl die Straßen- als auch die Rennversionen hatten vierstellige CSX/CSB-Chassis-Nummern mit einer „3“ am Anfang. Eines der seltenen Straßenmodelle hatte die Fahrgestellnummer CSX 3276. Es wurde am 10. Juni 1966 aus der Shelby-Werkstatt entlassen und hatte eine rote Außenlackierung mit schwarzem Interieur. Der Händler McCafferty Ford zahlte USD 6465 inklusive Frachtgebühren dafür, aber zunächst fand es keinen Käufer und wurde im März 1967 an einen anderen Händler (Pletcher Ford) weitergegeben. Dort wurden einige Garantieschäden behoben und schließlich konnte ein Käufer gefunden werden.
In den frühen Siebzigerjahren wurde diese Cobra nach Deutschland exportiert und wechselte dort mehrmals den Besitzer. Im Jahr 1987 zierte das Auto sogar das Titelblatt des Magazins Motor Klassik.